Ich habe mir für mein Leben eine Kunst ausgesucht, die kollektiv und flüchtig zugleich ist. Das Theater findet in fest gefügten Gebäuden statt. Menschen aus Fleisch und Blut spielen miteinander und mit dem Publikum – in konkreter Beziehung. Und doch ist die KUNST im Theater zwischen den Dingen zu finden. Meist für einen Moment, eine Bewegung, eine Geste lang, selten über einen ganzen Abend gestreckt. Diese Momente brennen sich ein, irritieren, bewegen. Es öffnet sich, es schwingt etwas zwischen den Anwesenden und sie antworten einander. Es verändert sich alles im Raum. Das ist das performative Element der Theaterkunst. Wahrscheinlich jeder Kunst. Eine Farbe, eine Form, eine Geste, eine Sequenz brennt sich ein und wir tragen sie mit uns, manchmal ewig. Diese Öffnung und Bewegung tief im Innern macht, dass jede Kunst politisch ist. Sie zeigt uns das Unmögliche, Freiheit, Wahrheit und Unwahrheit. Wir können mit ihr die Logik unserer Gesellschaft überwinden, die Logik des Kapitalismus, der Globalisierung. Und eine Gegenwelt erfahren.

Sonja Anders, geboren 1965 in Hamburg, studierte Germanistik in Hamburg. Seit 2019 ist sie Intendantin des Schauspiel Hannover.Sonja Anders ist zudem Mitglied der Jury "Allgemeine Projektförderung" der Kulturstiftung des Bundes, Mitglied im Beirat Theater/Tanz des Goethe-Instituts, im Kulturrat der Landeshauptstadt Hannover sowie im Vorstand des Freundeskreis Hannover. Seit 2021 ist sie zudem im Beirat des Kunstverein Hannover.